"Lieber Simon, ich dachte, ich frage mal, wann du den Podcast zu publizieren gedenkst? Ich fürchte, er verliert ansonsten an Aktualität. Herzliche Grüsse Fredy"
Das ist eine Nachricht von Fredy Künzler. Er ist Mehrheitsaktionär und der Chef von Init7. Das ist eine Firma, die einfach gesagt, Internetanschlüsse an Haushalte und Firmen verkauft.
Simon Berginz (SB)
Bevor wir beginnen, kannst du uns schnell sagen, wo wir hier sind? Was das für ein Ort ist?
Fredy Künzler (FK)
Wir haben hier einen Raum, der etwa 180 Quadratmeter gross ist. Dieser Raum dient als Lager, in welchen man auch mit dem Auto oder dem «Palette-rolli» hineinfahren kann. Hier befindet sich auch viel Elektronik.
SB
Man hörts auch. Was sind das für Maschinen, die da laufen?
FK
Das ist unser Labor auf der einen Seite, aber es hat auch produktive Systeme, einige Router und Server. Das wichtigste ist allerdings die Bar, bei welcher wir uns gerade befinden. Wir nennen diese auch «La-Bar». Diese ist meist zur Feierabendzeit im Betrieb und manchmal bleibt sie das auch bis in die Nacht. Wir haben auch grosse Boxen. Wir könnten eigentlich auch noch Musik anmachen...
SB
Das würde dem Ton bestimmt wahnsinnig helfen, wenn wir jetzt noch Musik anmachen würden.
FK
Es hätte grosse Boxen mit Bluetooth-Verbindung. Da könnte man also direkt ab Spotify streamen. Sonst hat es noch eine Disco Kugel, Lichter und einen Kühlschrank voller Bier. Es ist also ziemlich gemütlich.
SB
Tatsächlich sitzen wir hier nicht nur in einem Lager, sondern auf einem gemütlichen Barstuhl und uns lachen verschiedene Alkoholflaschen an, aber um das soll es heute nicht gehen.
FK
Ja, wäre auch noch ein bisschen früh.
SB
Das stimmt, es ist nämlich ein Vormittag im Juni und der Fredy Künzler ist unser Gast.
Reden und Reissen. Ein Podcast vom Büro für Erfrischung. Produziert und gesprochen von Simon Berginz
"Fernsehern wie früher - aber via Glasfaser"
"Kunden überrennen Mister Glasfaser"
"Init7 überholt Salt, Swisscom, UPC und Co."
"Wenn du dich fragst, warum deine Internetverbindung scheisse ist: UPC und Init7 wissen es!"
Wenn es um Interanschlüsse geht, und vor allem um den Markt, der dort spielt, wenn das in den Medien zum Thema wird, fällt häufig der Name von Init7 und dessen Inhaber Fredy Künzler.
Die Titel, die ich euch gerade vorgelesen habe, sind nur eine Auswahl aus ganz vielen, in welchen Init7 irgendeine Rolle spielen. Und im Technopark, wo diese Firma zuhause ist, dort sind wir auch sehr nahe bei Fredy Künzlers Kindheit, er ist nämlich im Quartier Tössfeld aufgewachsen.
Fredy, Das ist ja eigentlich der Ort, wo Deine Firma jetzt sitzt, der Hauptsitz von Init7, und trotzdem bist Du ja direkt hier um die Ecke aufgewachsen. Ist das Zufall?
FK
Ja vielleicht, ich weiss es auch nicht. Ich war ja eine Zeitlang weg gewesen aus Winterthur und habe im Tösstal gewohnt und dann auch in Zürich und kurz in London. Im Jahr 2004 bin ich wieder in die Stadt gekommen und konnte im Sulzerareal, also damals noch nicht wirklich konvertierten Sulzerareal, in einem Loft wohnen. Im Jahr 2009 ist dann mein Sohn auf die Welt gekommen und etwa 2013 hatte ich das Gefühl, dass ich genug davon hatte, immer nach Zürich zu pendeln. Wir mussten dann sowieso aus unseren Büro-Räumlichkeiten ausziehen und dann sind wir nach Winterthur gekommen. Und das hier im Technopark ist aber bereits der zweite Ort in Winterthur.
SB
Genau, wir sind da so Ecke Kesselschmiede und Jägerstrasse. Hier ist der Technopark und hier ist eben auch Init7 zuhause. Das Tössfeldquartier ist eigentlich zu unseren Füssen, oder gerade vor uns. Dort bist Du aufgewachsen.
FK
Ja, ich bin im Brühlberg aufgewachsen, bin im Tössfeld in den Kindergarten an der Agnesstrasse, dann ins Schulhaus Tössfeld in die Primarschule, später St. Georgen und dann vor allem auch da in der Lehre im Sulzer. Damals im «Stiftenhimmel» im Brühleck, das ist ja auch bloss ein Steinwurf von hier entfernt. Irgendwie bin ich zurückgekommen und wieder hier und wohl.
SB
Was hast du gelernt?
FK
"FEAM" hat das damals geheissen: Fernmelde- und Elektronikapparatemonteur, später wurde dann das zu einer Elektronikerlehre. Ich kann Löten, also ich sehe mittlerweile nicht mehr so gut, aber damals konnte ich Löten. Der Teil «Fernmelde-» hatte ich anfangs als nicht so wichtig empfunden, aber schlussendlich wurde das mein Beruf.
SB
Aber das konntest Du damals wahrscheinlich noch nicht absehen. Was waren denn Deine Bubenträume?
FK
Ja schon das. Also ich wollte Elektroniker werden. Das war schon der Beruf, den ich lernen wollte. Und das konnte ich dann zum Glück auch. Dafür bin ich dankbar. Ich hatte dann auch ein Studium angefangen am Technikum Winterthur. Das ist heute ein Teil der ZHAW. Aber ich war nicht lange Student.
SB
Das war dir zu langweilig? Zu wenig Action?
FK
Viel zu viel Schule und zu viele andere Interessen.
SB
Wie erklärst du jeweils den Leuten, was Du und Deine Firma genau machen? Also Leuten, welche keine Ahnung haben von der Telekommunikationsbranche?
FK
Also unser Hauptgeschäft sind ja Internetanschlüsse für Privatkunden. Wir machen in dem Sinne nichts anderes als die Grossen aber wir haben eine ganz andere Philosophie und andere Überzeugungen, wie man Telekommunikation macht. In dieser Industrie geht es eigentlich, um jetzt die drei Grossen zu nennen: Sunrise, Swisscom und Salt, geht es eigentlich nur noch darum, den Eigentümern, den Aktionären Rendite zu ermöglichen. Und alles andere ist irgendwie egal. Ich habe sehr die Überzeugung, dass diesen Leuten der Berufsstolz abhandengekommen ist, und das bedauere ich. Ich versuche hier irgendwie einen Kontrapunkt zu setzen.
SB
Das kommt immer mit, wenn Leute fragen, was macht Ihr eigentlich als Firma. Denn irgendwie hört man schon immer raus, dass es nicht nur um die Firma geht. Diese Gerechtigkeit schwingt immer ein wenig mit bei dir.
FK
Ich bin sehr Gerechtigkeitsgetrieben. Ich bin überzeugt, dass in der Schweiz die Telekommunikationspolitik und Infrastruktur total schief gegangen ist. Also Bundesbern hat ein Totalversagen seit 1998, als eigentlich die Liberalisierung der Telekommunikation angefangen hat. Davor gab es ja die PTT, also nur ein Monopol. Da ist so viel schief gegangen und da ist auch soviel passiert, was eigentlich der Volkswirtschaft widerspricht. Es geht nicht um die Menschen in der Schweiz, sondern es geht wie gesagt um die Rendite der Aktionäre. Da sind alle Grossen genau gleich. Das finde ich grundfalsch und Bundesbern hat versagt. Inklusive Bundesrat.
SB
Wir sind sehr fortgeschritten in dem Thema, welches wir eigentlich später noch ansprechen wollen. Reden wir noch rasch über Deine Firma. Warum steht sie genau da? Ist das einfach Zufall gewesen, dass sie hier im Technopark ein schönes Plätzchen gefunden hat?
FK
Wir haben 2014 angefangen mit Privatkundenprodukten, mit Gigabit-Glasfaser. Das war damals ziemlich innovativ. Wir hatten vor allem den Marktteil ein wenig umgekrempelt, weil wir einem Privatkundenprodukt, welches einfach supercool ist, einen bezahlbaren Preis gegeben haben.
Das war disruptiv, eine Innovation damals. Da ist die Nachfrage dann sehr schnell gewachsen und an unserem damaligen kleinen Büro an der St. Georgen-Strasse mit bloss ca. 250m2 sind wir aus allen Nähten geplatzt. Wir haben dringend einen Ort gesucht, an welchem alle einen vernünftigen Arbeitsplatz haben können. So sind wir dann an die Technoparkstrasse gekommen. Hier haben wir unsere Bürofläche direkt verdreifacht. Plus eben noch der Ort, wo wir jetzt sind, dieses Labor/Lager/Bar.
SB
Was ist dir Wichtig, von den Werten her? Als Unternehmer, oder für das Unternehmen Init7. Was sind Grundsätze, welche Dir wichtig sind?
FK
Also grundsätzlich bin ich ein Nerd, ein Engineer. Ich habe Freude an coolen Geräten, an Technologie, an Innovation. Was man in diesem Bereich machen kann. Ich bin halt schon sehr der Überzeugung, dass man, wenn man einen Engineer hat, einen Berufsstolz hat. Das haben ja grundsätzlich alle Berufe. Also ein Bäcker kann nicht seine Brote anbrennen lassen und diese dann verkaufen. Er ist überzeugt, dass er das beste Brot der Welt macht. Diesen Berufsstolz habe ich auch. Meine Überzeugung ist, dass ich meinen Kunden das beste Internet verkaufen und ermöglichen will, welches man sich vorstellen kann. Schnell, stabil, so gut wie nur möglich. Klar: man kocht mit Wasser, wir haben auch unsere Herausforderungen und Kämpfe ab und zu, und wenn jemand 100% Verfügbarkeit verspricht, dann hat er sowieso gelogen. Aber mein Anspruch ist, möglichst etwas Großartiges zu machen und stolz darauf sein zu können. Und dann gibt es verschiedene Aspekte: der soziale Aspekt, vernünftige Arbeitsplätze, welche anständig bezahlt werden, nicht zu grosse Lohnunterschiede, Stichwort 1:12-Initiative: wir sind weit davon entfernt. Wir haben zum Beispiel 6 Wochen Ferien in der Firma. Die Work-Life-Balance soll für alle Personen, welche bei uns arbeiten ok sein. Auch Entwicklungsmöglichkeiten: Ich sage jeweils, unsere Engineers haben eine coole Spielwiese, auf welcher sie Innovation ermöglichen können. Auf welcher sie auch Dinge ausprobieren können, soweit das möglich ist. Natürlich haben wir unsere Ziele. Langfristiges Überleben als Firma ist natürlich ein Ziel. Dem müssen auch gewisse Dinge untergeordnet werden. Ich denke, das Glück, in einer Industrie zu sein, welche sehr gut skaliert, hilft. Jetzt kann man das natürlich alles nehmen und diesen Eigentümern & Aktionären eine möglichst hohe Rendite versprechen und das macht ja zum Beispiel auch die Swisscom. Die SP schluckt jedes Jahr das Dividenden-Valium in Bundesbern.
SB
Kritik an der eigenen Partei muss man sagen. Fredy ist Mitglied und Gemeinderat in Winterthur für die SP.
FK
"Stadtparlamentarier" seit Anfang Jahr!
Man muss sich halt überlegen was die Unternehmensziele sind. Sind es die Kunden, welche einen guten Service erwarten können und einen vernünftigen & fairen Preis bezahlen. Das ist auch etwas: wir haben keine Lockvogelangebote. Bei den anderen bekommt man zum Beispiel am Black Friday oder sonst einem Tag etwas für einen viel günstigeren Preis als die treuen, langjährigen Kunden bezahlen. Es sind die langjährigen, treuen Kunden, welche unsere Firma am Leben erhalten und diese Arbeitsplätze. Deshalb verarschen wir diese nicht. Entschuldigung, darf ich das hier sagen?
SB - Off
Das Gespräch findet übrigens Anfang Juni 2022 statt. Winterthur ist da immer noch gepackt einer grossen Euphorie, rund um den Aufstieg des FC Winterthur in die Super League. Fredy Künzler ist Fan des Vereins aber eben auch Co-Sponsor mit Init7. Das ist nicht bloss strategisch schlau, sondern passt auch als anderen Gründen sehr gut.
FK
Das ist deshalb passend, weil es eben nicht nur um den Kommerz geht beim FC Winterthur. Es geht um den Zusammenhalt und darum, für die Stadt und die Menschen hier etwas zu ermöglichen. Es sind alle mit dabei. Das ist mir wichtig, auch in diesem Engagement mit dem FC Winterthur, aber wir sponsern ja nicht nur den FC Winterthur, sondern mindestens noch ein Duzend andere Dinge in der Stadt. Zum Beispiel die Musikfestwochen, Theater Winterthur, Kunst im Depot, Rudolph und so weiter. Das sind viele Sachen, welche wir zu unterstützen versuchen mit diesen Möglichkeiten, welche wir haben. Nochmals: wir sind in einer gut zu skalierenden Industrie. Das heisst, die Erträge wachsen überdurchschnittlich. Mehr als der Aufwand. Es ist also nicht linear, wie wenn man zum Beispiel Leute hat, die eine gewisse Anzahl Stunden arbeiten, und diese Stunden bezahlt bekommen. Weil wir viel Technologie haben, skaliert es besser.
SB
Simpel ausgedrückt: Es gibt immer einen grösseren Bedarf an Internet, schnellem Internet.
FK
Genau, und der Aufwand um 100 Kunden oder 200 Kunden abzuwickeln, wächst nicht linear, sondern unterproportional. Das heisst, meine ersten 100 Kunden kosten zum Beispiel fiktiv 1000 Franken und die zweiten 100 Kunden kosten dann nicht nochmals 1000, sondern nur noch 500 Franken. Das heisst, meine Erträge wachsen überdurchschnittlich, je mehr Kunden ich habe. Das ist diese Skalierung, die ich habe. Und ich finde, wenn wir in einer solchen Industrie sind, die so gut skaliert, können wir auch einen Teil dieser Gesellschaft und Community in der Stadt zurückgeben. Deshalb können wir uns so ein Engagement überhaupt leisten wie dieses beim FCW. Dieses Engagement ist nicht ganz gratis. Das ist auch richtig so. Aber wichtig für mich ist, dass wir irgendwie diese Beträge nicht den paar Aktionären, und zu diesen gehöre auch ich, in den Sack gehen, sondern dass wir uns in der Stadt engagieren können, und in unserem Umfeld Dinge ermöglichen können, welche sonst halt eben nicht möglich wären.
SB - Off
Natürlich gibt es auch Leute, welche Fredy Künzler widersprechen. Die Swisscom zum Beispiel liess sich in einem Artikel zitieren, Fredy Künzler hätte Partikularinteresse. Er mache vor allem grossen Aufruhr und ginge unter anderem auch bis vor Bundesgericht, weil er selber für sein Unternehmen das Beste herausholen wolle.
Ich habe hierzu den Telekommunikationsexperten Ralf Beyeler befragt. Er meint dazu folgendes:
Ralf Beyeler (RB)
Ich denke, Fredy Künzler ist mehr Internetaktivist als Unternehmer. Und klar hat die Swisscom auch recht: er ist Unternehmer und muss schauen, dass er seine Produkte verkaufen kann und dass er schwarze Zahlen schreibt. Das ist natürlich ein Partikularinteresse aber ich denke, der Punkt, wieso FK das ganze macht, sind nicht diese Partikularinteressen, sondern es ist seine Überzeugung aus dem Herzen. Man muss sich bewusst sein, was Init7 gemacht hat: Mit «Fiber7» hat Init7 vor etwa 10 Jahren Internetzugang mit 1Gigabit auf den Markt gebracht für etwa 65 Franken im Monat. Die Swisscom und alle anderen Anbieter haben eigentlich eine Strategie, wie man das auch von der Migros oder vom Coop kennt, mit der man versucht, eine Produktdifferenzierung vorzunehmen. Das heisst, man versucht, dem Kunden möglichst viel Geld abzuknüpfen. Und wenn man einen Internetanschluss anschaut: der grösste Kostenblock ist die Leitung. Die letzte Meile vom Kunden in die Zentrale. Diese Kosten sind genau gleich hoch, egal ob der Kunde ein langsames oder ein schnelles Internet hat. Die restlichen Kosten sind zum grössten Teil identisch. Klar: beim schnellen Internet hat man ein wenig höhere Kosten für die zusätzlichen Aufwände, für den höheren Datenverkehr. Aber da reden wir von ein paar Franken maximal pro Monat. Klar ist die Swisscom, aber auch Sunrise und alle anderen grossen Anbieter, wenig erfreut über dieses Angebot. Das bedeutet, man muss die eigenen Preise, mit denen man durch die Produktdifferenzierung viel Geld verdient hat, senken. Man ist also auch wütend, weil er einem Marge wegnimmt.
SB
Den Telekommunikationsexperten haben wir gerade sehr ausführlich über Fredy Künzler gehört.
Ich habe mit ihm, bevor wir uns getroffen haben, Fredy, ein langes Gespräch geführt und am Anfang dieser ganzen Ausführungen, als er erzählt hat, was gerade so passiert ist im Telekommunikationsbereich, oder was Init7 dort vor allem auch ausgelöst hat vor etwa 10 Jahren, war schon auch, ob FK ein Unternehmer oder ein Aktivist ist. Schon eher ein Aktivist, auch wenn er ein Unternehmen hat. Was würdest denn du sagen?
FK
Ich bin teilweile schon Aktivist. Ich bin gegen Überwachung, ich finde, man muss maximale Freiheit haben im Internet. Die Leute sollen «enabled» werden, um coole Sachen zu machen im Internet. Es braucht Anschlüsse, welche das ermöglichen, weil das treibt die Innovation.
SB
Ist es für dich ein gleicher Grundsatz, wie dass alle sauberes, trinkbares Wasser zuhause haben, dass sie auch ein gutes Internet zuhause haben. Zu einem Vernünftigen Preis?
FK
Jetzt wird es schwierig. Mann muss hier wissen: es gibt das sogenannte OSI-Modell. Das kann man googeln. Das ist ein Abstraktionsmodell, welches die Internetfunktionalität auf 7 Layer abstrahiert. Der 7. Layer ist, wenn man auf Senden drückt beim E-Mail und der 1. Layer ist das Kabel, welches man einsteckt, das Glasfaserkabel, das Kupferkabel, ein Serverschrank, eine Stromversorgung. Das ist der Layer 1. Dazwischen passiert ganz viel. Da sind verschiedene Abhängigkeiten. Jeder Layer baut eigentlich auf dem unteren Layer auf. Wenn du also von Trinkwasser redest: das ist ja ein Service Public. Alle sollen Zugang zu diesem Trinkwasser haben. Und meine Überzeugung ist: alle sollen gleichermassen Zugang haben zum Layer 1, zu den Glasfaserkabeln. Was jetzt die Swisscom versucht, ist, dieses Glasfaserkabel zu monopolisieren. Hier warten wir auf einen Entscheid des Bundesgerichts.
SB
Genau – ihr trefft euch ja regelmässig vor Bundesgericht, Du und die Swisscom.
FK
Ja, wir haben mehrere Verfahren gegen die Swisscom. Wir haben auf jedem Layer, also auf den Layern 1, 2 & 3, haben wir drei verschiedene Verfahren am laufen gegen die Swisscom, weil die Swisscom versucht alles legale und teilweise nicht so legale, um ihre Aktionäre zu befriedigen. Es sind nicht die Kunden der Swisscom, welche sie mit Service beliefern. Ihre Kunden sind die Aktionäre. Diese wollen ihre Rendite möglich hochhalten. Jetzt komme ich nochmals mit dem Dividenden-Valium für die SP in Bundesbern. Deshalb macht die SP keinen Service Public in der Telekommunikation, denn jedes Jahr kriegen sie diese Milliarde Dividende von der Swisscom in die Bundeskasse. Und jetzt ist das einfach sehr kurzfristig gedacht. Es geht eigentlich darum, dass wir eine Telekommunikationsinfrastruktur, möglichst im ganzen Land überall Glasfaser, haben, dass also alle partizipieren können. Also der Service Public, welcher hier wichtig wäre. Aber jetzt gibt es natürlich die Wichtigkeit des Wettbewerbs in der Telekom. Und das passiert auf dem Layer 2 und auf dem Layer 3. Da gibt es verschiedene Technologien, welche in Konkurrenz stehen. Es gibt verschiedene Service-Provider, welche unterschiedliche Preise haben und unterschiedliche Angebote. Und wichtig ist, dass die Menschen aus verschiedenen Service-Providern auswählen können. Denn dann sinkt der Preis, das ist wieder volkswirtschaftlich gut. Und die Technologie wir durch das auch befeuert. Wenn wir ein Gigabit-Angebot machen, das hat auch Ralf gesagt, dann müssen die anderen nachher nachziehen. Denn sie sind nicht mehr konkurrenzfähig mit den Produkten, welche sie bisher angeboten haben. Das kommt dem Endkunden zugute. Wir brauchen also auf dem Layer 1 einen Service Public. Und auf den Layern 2, 3 und aufwärts brauchen wir Konkurrenz. Und das ist das Modell, welches ich vertrete.
SB - Off
Ok. Vielleicht raucht euch jetzt auch ein wenig der Kopf von diesen ganzen Informationen. Aber das Grundproblem auf den Punkt gebracht, hier nochmals von Telekommunikations-Experte Ralf Beyeler.
RB
Also Layer 1 heisst: Ich habe die Leitung, beziehungsweise miete die Leitung, und ich kann mit dieser Leitung machen, was ich will als Provider. Also quasi die Möglichkeit, auf einer Strasse mit einem beliebigen Auto, natürlich im Rahmen des Gesetzes, zu fahren. Aber ich kann selbst entscheiden, ob ich mit einem VW Golf oder einem Porsche auf der Strasse fahre.
Layer 2 bedeutet, dass die Swisscom, oder der Netzbetreiber, die ganze Dienstleistung, den ganzen Zugang anbietet und ganz am Schluss der Kette die Daten übergibt. Das ist vergleichbar, um bei meinem Beispiel mit der Strasse zu bleiben, die Swisscom hat eine Einheitsflotte mit Einheitsfahrzeugen und ich darf nicht mehr mein eigenes Auto fahren, sondern ich muss in das Auto der Swisscom einsteigen, welches von einem Chauffeur der Swisscom gelenkt wird und die Swisscom bestimmt alles.
SB
Diesen Vergleich hat er jetzt gewählt.
FK
Das ist richtig, als Provider darf ich dann einfach noch mein Etikett auf das Auto kleben, welches vom Swisscom-Chauffeur gelenkt wird.
SB
Immerhin darf Init7 noch irgendwo draufgeklebt werden.
FK
Genau!
SB
Ich glaube, über dieses Thema könnten wir ganz lange noch reden und es gab auch bereits diverse Interviews im Jahr 2022, zum Beispiel in der NZZ oder im Onlinemagazin InsideIT, welche sehr lesenswert sind. Vielleicht noch zum Schluss, denn der Gerechtigkeitsgedanke begleitet uns bei dir als Unternehmer, oder als Sponsor vom FC Winterthur: Mich interessiert, ob es das bei dir schon früh gab? Was waren die ersten Momente, in welchen du dich für Gerechtigkeit eingesetzt hast? Vielleicht gar nicht beruflich oder politisch, sondern in der näheren Umgebung?
FK
Es gibt eine Episode in meiner Geschichte als Sekschüler. In dem Schulhaus, in welchem ich war, hatten die Lehrer Streit untereinander. Und dann haben sie uns den einen Lehrer weggenommen, welchen wir total mochten, weil dieser mit einem anderen nicht auskam. Und die Lehrer haben dann unter sich die Klassen neu verteilt. Wir bekamen dann einen anderen Lehrer, welchen wir nicht cool fanden. Was ich dann angezettelt hatte in meiner Klasse war, dass wir an die damalige Schulpflege einen ganz bösen Brief schrieben. Ich konnte schon damals gut Formulieren und dann mussten wir mit der Schulpflege reden und sie wollten wissen, wer den Brief schrieb. Ich sagte dann, dass ich dies gewesen war, und sie konnten es kaum glauben und dachten, dass dies ein Erwachsener gewesen sein musste.
Ich habe das dermassen ungerecht gefunden, dass man uns unseren coolen Lehrer weggenommen hatte, aber es hat sich leider nichts geändert und wir mussten dann die dritte Sek so durchmachen.
Es ist in meiner DNA. Ich kämpfe einfach für Gerechtigkeit. Ich finde es falsch, wenn Leute sich bereichern können aufgrund von Monopolen und Privilegien. Ich finde das falsch. Wir sind doch ein Kollektiv! Wir sollten schauen, dass es allen ordentlich geht und sich alle entfalten können. Die Möglichkeiten wären da, aber es gibt halt auch andere Interessen.
SB - Off
Reden und Reissen. Ein Podcast vom «Büro für Erfrischung». Produziert und gesprochen von Simon Berginz.
Wenn ihr an dieser Stelle angekommen seid, hat euer Netz also genug Stärke, um diesen Podcast zu hören. Danke hierfür.